Telematikinfrastruktur – Die Datenautobahn unseres Gesundheitswesens
Was bedeutet eigentlich „Telematik“?
Der Umbau des deutschen Gesundheitswesens gehört neben der Renten- und Arbeitsmarktreform zu den aktuellen sozialpolitischen Großprojekten. Digitalisierung ist eines der Zauberwörter unserer Zeit. Um dieses Wort verbreitet sich derzeit eine Goldgräberstimmung, der wir auf den Grund gehen wollen. Im Zuge dessen taucht immer wieder der Begriff Telematik auf. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter?
Der Begriff der Gesundheitstelematik ist ein Kunstwort aus den drei Fachgebieten „Gesundheitswesen“, „Telekommunikation“ und „Informatik“.
Viele Patientinnen und Patienten glauben aufgrund der Desinformation der vergangenen Jahre noch immer, es gehe dabei lediglich um die neue Versichertenkarte, die elektronische Gesundheitskarte (eGK), auf der wichtige Patienteninformationen gespeichert werden sollen.
Das stimmt so nicht ganz. Vor allem geht es um eine schrittweise bundesweite Totalvernetzung des Gesundheitswesens, wobei zukünftig nicht nur Verwaltungs- und Medikamentendaten, sondern auch Diagnosen und Arztberichte in diesem Netz dauerhaft gespeichert werden sollen. Die elektronische Gesundheitskarte ist dabei nur der Schlüssel zur Telematikinfrastruktur, sie bindet den Versicherten in die elektronische Kommunikation ein. In dem Moment, in dem Ihre eKG in das Chipkartenlesegerät einer Praxis oder eines Krankenhauses gesteckt wird, erfolgt automatisch eine Verbindung zu einem Server Ihrer Krankenkasse, um Ihre Versichertendaten abzugleichen. Dieser Vorgang nennt sich „Versicherten-Stammdaten-Management“. Das ist der erste Schritt der Online-Anbindung.
Ist die Telematik die Zukunft der Modernisierung des Gesundheitswesens?
Die Chance eines Online-Datenaustausch zwischen den behandelnden Ärzten kann vielversprechend sein, um zum Beispiel Wechselwirkungen oder das mehrfache Verschreiben eines Medikamentes zu verhindern, wovon ältere und chronisch kranke Menschen sicherlich profitieren werden.
Alle niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten sind seit dem 30.06.2019 verpflichtet, die Versichertendaten, darunter fallen Name, Geburtsdatum, Adresse und Versicherungsstatus des Versicherten, auf der elektronischen Gesundheitskarte online zu prüfen und zu aktualisieren. Eine Verzögerung der gesetzlich vorgeschriebenen Anbindung bleibt für Beteiligte des Gesundheitswesens aber nicht ohne Folgen. Wer die Zwangsvernetzung aller Daten im deutschen Gesundheitswesen und die damit erforderliche Technik nicht bis zum Ende des ersten Quartals zumindest bestellt hat und dies auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachweisen kann, bekommt einen Honorarabzug von 1 Prozent. Wer ab März 2020 noch nicht an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen ist, muss mit einer Honorarkürzung von 2,5 Prozent rechnen.
Welche Aufgaben soll die Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen in naher Zukunft übernehmen?
Ein Ziel soll es sein, mit der Übertragung in Echtzeit die Abläufe allgemein zu beschleunigen und medizinische Informationen zur Behandlung eines Patienten somit schneller, einfacher und papierloser – denkt man nur an die zahlreichen Arztbriefe, die zum Beispiel nach einer Überweisung eines Patienten versendet werden – verfügbar machen.
Ab dem 01. Januar 2021 soll jedem Patient eine elektronische Patientenakte (ePa) zur Verfügung gestellt werden, in der bereits bekannte Diagnosen, die Blutgruppe, der Impfpass oder der schon erwähnte Medikamentenplan gespeichert werden können. Auch soll die Möglichkeit bestehen, Notfalldaten- und informationen dort zu hinterlegen, die im Ernstfall vom Rettungsdienst oder im Krankenhaus ausgelesen werden können. Zusätzliche Informationen wie beispielsweise Ihre Organspendebereitschaft oder ein Blutdruck- oder -zucker-Tagebuch können von Ihnen dann online verwaltet werden.
Grundsätzlich wird jeder Patient weiterhin selbst entscheiden können, welche Daten und Diagnosen er aus dieser elektronischen Patientenakte seinen behandelnden Ärzten einsichtig machen möchte und welche verborgen werden sollen. In einer App oder in einem Onlineportal kann jeder Patient sämtliche in seiner ePa gespeicherte Daten lesen, ausdrucken, verwalten und gegebenenfalls auch löschen.
In einem weiteren Schritt sollen, im Rahmen der “Big Data”-Medizin, Daten auch weiterhin genutzt werden, um Zusammenhänge aufzuzeigen und Ansätze zu finden, Krankheiten und Risiken in Zukunft besser zu erkennen. Damit soll gewährleistet werden, dass Prävention und Behandlungen frühzeitiger eingeleitet werden können.
Wie kann die Telematikinfrastruktur Datenschutz gewährleisten?
Datenschutz, vor allem im medizinischen Kontext, spielt eine wesentliche Rolle. Trotz bundesweiter Vernetzung dürfen die sensiblen Gesundheits- und Patientendaten nicht in die falschen Hände gelangen. Daher liegen sämtliche Daten, die über die Telematikinfrastruktur übertragen werden, stark verschlüsselt vor. Für eine Entschlüsselung sind verschiedene Komponenten notwendig: ein zertifiziertes Kartenlesegerät, ein personenbezogener Praxis- und Heilberufsausweis sowie eine PIN. Diese Voraussetzungen sichern ein höchstes Maß an Datenschutz während der Speicherung und Übertragung Ihrer Daten.
Unser Fazit:
Die Digitalisierung hält endlich Einzug in das Gesundheitswesen. Das Milliardenprojekt der Bundesregierung steht für eine qualitativ hochwertigere Behandlung und eine bessere und effizientere Versorgung des Patienten.
Es kann nicht von Patienten, die medizinische Laien sind, erwartet werden, dass sie einschätzen können, welche Diagnosen und Informationen für welchen behandelnden Arzt wichtig sind oder sie sämtliche kompliziert klingende Untersuchungsverfahren oder Medikamente aufzählen können. Durch die Möglichkeiten, die durch die ePa entstehen, gehen keine relevanten Informationen mehr verloren, was patientenschädigende Fehler oder unnötige Mehrfachuntersuchungen verhindert. Die enorm wichtige Wahrung der Selbstbestimmung weiterhin über die eigenen Daten durch die vollständigen Zugriffs- und Verwaltungsmöglichkeiten führt zusätzlich zu einem hoffentlichen Gelingen dieses Schritts in die Zukunft.